FutureGen – Die Unternehmerkinder 2.0
Schon die ganz Kleinen machen in Unternehmerfamilien am Küchentisch Bekanntschaft mit dem unsichtbaren Gast – dem Familienunternehmen. Welchen Einfluss das Lob der Erwachsenen auf sie hat und warum Begeisterung die klügere Alternative für die Weichenstellung ins Unternehmen ist, erfahren Sie hier!
In den Startlöchern
Einst fuhr vor mir ein Speditions-LKW, dessen Rückseite ein großes Bild mit einem kleinen Jungen zeigte. Der Kleine spielte mit einem Spielzeug-Miniatur-LKW und die dazugehörige Bildunterschrift lautete: „Die Zukunft ist gesichert – Die nächste Generation ist schon in den Startlöchern!“
Denn ist es nicht so: Hört ein Unternehmerkind von jüngster Kindheit an Sätze wie „Das wird mal alles dir gehören“ oder bekommt entsprechendes Spielzeug, das zum Firmenkontext passt, wird – bewusst oder unbewusst – eine Richtung in die Zukunft vor gebahnt. Unter Umständen wird sukzessive eine gewisse Erwartungshaltung aufgebaut, die von dem Unternehmerkind als Druck empfunden werden kann.
Berechtigter Stolz oder unbewusste Bürde?
Es ist völlig nachvollziehbar, dass Eltern und Großeltern stolz auf ihre Nachkommen sind. Als leidenschaftliche Unternehmerinnen und Unternehmer ist es nur natürlich, diese Begeisterung auch an die nächste Generation weitergeben zu wollen. Dennoch kommen bei solchen Aussagen Gedanken auf wie: ‚Sollten Kinder nicht die Möglichkeit haben, eine unvoreingenommene Meinung über das Familienunternehmen zu entwickeln, um ihren eigenen Weg im Leben zu finden?
Lob ist der schönste Tadel
Unternehmereltern und -großeltern haben durch ihr Lobverhalten einen großen Hebel in der Hand, Kinder für ein Thema zu begeistern bzw. es in eine gewünschte Richtung zu lenken. Auch wenn dies oft nicht bewusst oder gar mit Absicht angewendet wird.
Wird also das Kind mehrheitlich für Aktivitäten, Talente und Verhaltensweisen gelobt, die für einen späteren Eintritt ins Familienunternehmen förderlich sind? Oder loben die Eltern es auch, wenn es ganz andere Interessen verfolgt, die nichts mit der Firma zu tun haben? Lob ist also häufig an ausgesprochene oder unausgesprochene Bedingungen geknüpft. In der Retrospektive fühlt sich dies für Unternehmerkinder oft wie Manipulation an.
Hierzu ein Beispiel aus meiner Coaching-Praxis.
Wie sich „Bob der Baumeister“ auf die Nachfolge auswirkte
Ich begleitete einen Klienten, der vor der Entscheidung stand als Nachfolger in das elterliche Bauunternehmen einzusteigen. In einer Mentoring-Sitzung berichtete er, dass sein Vater ihn als kleiner Junge dafür lobte, wenn er die Fernseh-Sendung „Bob – Der Baumeister“ schaute. Als er später jedoch seiner Leidenschaft für Musik nachging, wurde dies von seinem Vater eher abwertend kommentiert.
Je mehr er über seine Geschichte des Lobens nachdachte, desto mehr Zusammenhänge erkannte er in Bezug auf seine Überlegung in das Familienunternehmen einzusteigen.
Das Bauingenieur-Studium, das er seinem Vater zuliebe begonnen hatte oder das Praktikum bei einem Netzwerk-Partner seines Vaters wurde sehr von seinem Vater begrüßt. Seine Entscheidung, Psychologie zu studieren, stieß hingegen auf massiven Widerstand seitens des Vaters. Dies führte dazu, dass er seine Entscheidung kritisch hinterfragte und sich dazu entschied, ehrlich zu sich selbst zu stehen und nicht in das Familienunternehmen einzutreten.
Das Dilemma von Unternehmereltern
Aus der Perspektive des Vaters heraus gesehen, hat er sicherlich nach bestem Wissen und Gewissen herausgehandelt. Die familieninterne Nachfolge ist immer noch die beliebteste Form bei UnternehmerInnen (siehe z.B. Handwerksblatt-Artikel Nachfolge: In der Krise steht die Familie an erster Stelle). Doch wird hier einmal mehr die Dilemma-Situation von Unternehmereltern sichtbar.
Denn als UnternehmerInnen müssen sie sich um den Fortbestand des Unternehmens kümmern. Und dazu gehört eben auch eine frühe gedankliche Auseinandersetzung mit dem Thema Nachfolge. Doch als Eltern haben sie auch die Aufgabe, die ureigenen Talente und Fähigkeiten des eigenen Kindes zu fördern. Und diese müssen nicht zwangsläufig in Richtung Unternehmen ausrichtet sein.
Erwachsene als Vorbild
Kinder ertasten sich spielerisch den Weg in die Welt der Großen, in dem sie die Verhaltensweisen der Erwachsenen adaptieren. Solange sie Spaß daran haben und die neugierige Freude an dem Aufgabenfeld der Eltern besteht, ist alles in allerbester Ordnung. Sollte es aber nicht so sein, ist ein „Nein“ ebenso zu respektieren.
Sorgen die Eltern jedoch für einen spielerischen und selbstbestimmten Ansatz, um ihren Nachwuchs für das Familienunternehmen zu begeistern, wird der erste Samen für den Schritt in Richtung Familienunternehmen gesetzt.
FutureGen:
Die Unternehmerkinder 2.0
Ob die FutureGen später in die Fussstapfen der Eltern steigt hängt noch von einer weiteren wichtigen Komponente ab:
Kommunikation.
Wie Eltern über das Familienunternehmen am Küchentisch sprechen, beeinflussen den späteren Lebensweg der Unternehmerkinder häufig grundlegend. Hören sie ständig, dass sich die Eltern Sorgen um Geld, MitarbeiterInnen, die wirtschaftliche Lage machen? Erleben die Kinder ihre Eltern ständig gestresst und unter ständigem Druck?
Hier kommt es auf das Wort ständig an.
Natürlich wird es auch solche Gespräche am Tisch geben. Denn oft ist im Betrieb nicht genug Zeit für solche Gespräche, die am heimischen Küchentisch einmal offen zu Ende gedacht werden können.
Es geht hier in erster Linie um die Bewusstheit, dass sie einen Einfluss auf die FutureGen – die Unternehmerkinder 2.0 haben können. Sie können die Zusammenhänge noch nicht verstehen, bekommen aber gleichzeitig die Stimmung am Küchentisch hautnah mit.
Gleichberechtigung in der Nachfolgeregelung
Das oben genannte Beispiel mit dem LKW symbolisiert eine tiefergehende Problematik: Selbst im Jahr 2024 werden immer noch bevorzugt die männlichen Nachkommen in familiengeführten Unternehmen als Nachfolger ausgewählt, während ihre Schwestern oft übersehen werden. Laut einer Studie der bundesweiten gründerinnenagentur (bga) bevorzugen männliche Unternehmensübergeber bei der internen Nachfolge die Söhne von Töchtern mit deutlichen 73 Prozent (siehe hierzu auch die She Succeeds Initiative des Verbands deutscher Unternehmerinnen VdU).
Besonders in traditionellen Handwerksbetrieben dominiert nach wie vor die Primogenitur als gängige Regelung für die Unternehmensnachfolge, bei der der erstgeborene Sohn als natürlicher Nachfolger angesehen wird. Doch in einer Zeit, in der Mädchen und Jungen gleiche Bildungschancen erhalten, stellt sich die Frage, warum nur die Söhne als potenzielle Nachfolger betrachtet werden.
Obwohl sich langsam immer mehr Unternehmereltern für die Einbeziehung ihrer Töchter in die Nachfolgeplanung öffnen, besteht hier noch erheblicher Verbesserungsbedarf. Eine breitere Berücksichtigung der Töchter bei den Nachfolgeüberlegungen wäre von großem Vorteil, da dadurch die Anzahl potenzieller Nachfolger aus dem familiären Umfeld deutlich steigen könnte.
FAZIT:
Werden die zukünftigen Unternehmenspersönlichkeiten nicht mehr nur nach Geschlecht oder Altersvorsprung sondern vielmehr nach Talent und intrinsischer Motivation ausgewählt, ist dies eine echte Investition in die Zukunft des Unternehmens und der Familie.
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