Wenn Emotionen teuer werden: Die Kosten einer ungeklärten Nachfolge
Die Nachfolgeplanung in Familienunternehmen ist oft ein sensibles Thema. Der Fokus liegt meist auf rechtlichen und finanziellen Aspekten, während die emotionale Dimension oft unterschätzt wird. Doch gerade sie kann über den reibungslosen Übergang oder Spannungen entscheiden. In diesem Beitrag schauen wir uns die emotionalen „Kosten“ an, die entstehen können, wenn dieser Prozess vernachlässigt wird.
Aus meiner Praxis
Als Mentorin für Unternehmerfamilien begleite ich Nachfolgeprozesse und eines ist mir dabei immer wieder aufgefallen: Während die rechtlichen und finanziellen Aspekte einer Unternehmensnachfolge oft bis ins kleinste Detail geplant werden, bleibt die emotionale Seite häufig unbeachtet. Aber genau hier liegt der Schlüssel für einen gelungenen Übergang. Was passiert also, wenn die emotionale Ebene nicht geklärt wird? Welche „Kosten“ entstehen dadurch – für Sie, Ihre Familie und das Unternehmen?
1. Zerrüttete Familienbeziehungen
Die Nachfolge in einem Familienunternehmen ist nicht nur eine wirtschaftliche Angelegenheit. Sie betrifft die Beziehungen innerhalb der Familie, oft tiefgreifender, als man zunächst denkt. Wenn Erwartungen, Ängste oder Konflikte unausgesprochen bleiben, können Spannungen entstehen, die langfristig die familiären Bindungen zerstören.
Vielleicht kennen Sie solche Situationen: Geschwister fühlen sich ungleich behandelt oder Eltern und Kinder geraten in Konflikt, weil unterschiedliche Vorstellungen über die Zukunft des Unternehmens bestehen.
Und das alles, weil nie wirklich offen über die Gefühle und Erwartungen gesprochen wurde.
Und das alles, weil nie wirklich offen über die Gefühle und Erwartungen gesprochen wurde.
Auch die Partnerinnen und Partner von Unternehmerkindern spielen eine entscheidende Rolle im Nachfolgeprozess. Wenn sie nicht ausreichend in die Entscheidungen und den Übergang eingebunden werden, kann dies zu Spannungen innerhalb der Familie und Partnerschaft führen. Oft fühlen sich Partnerinnen und Partner übergangen oder nicht ernst genommen, was zusätzliche Konfliktpotenziale schafft – sowohl im familiären als auch im unternehmerischen Kontext.
Die emotionalen „Kosten“ sind also gerade hier hoch – manchmal höher als jede wirtschaftliche Auswirkung.
2. Verunsicherte Mitarbeitende
Emotionale Spannungen innerhalb der Familie wirken sich auch auf das Unternehmen aus – insbesondere auf die Mitarbeiter. Wenn es innerhalb der Führungsebene Unsicherheiten gibt, überträgt sich diese Unklarheit schnell auf die Belegschaft.
Mögliche Folgen:
- Verunsicherung der Mitarbeiter: Mitarbeiter können den Eindruck gewinnen, dass das Unternehmen unsicher geführt wird. Dies kann zu einer geringeren Motivation und sinkendem Engagement führen.
- Fluktuation von Fachkräften: Wenn zentrale Führungspersonen sich unsicher oder konfliktbeladen verhalten, können talentierte Mitarbeiter das Unternehmen verlassen – gerade dann, wenn sie das Gefühl haben, dass die Zukunft des Unternehmens nicht gesichert ist.
Die emotionale Stabilität der Unternehmensführung wirkt sich direkt auf die Arbeitsmoral und das Vertrauen der Belegschaft aus.
3. Verlust der Unternehmensidentität
Die Unternehmensnachfolge ist auch eine Übergabe von Werten, Visionen und einer Unternehmenskultur. Doch wenn die emotionale Seite nicht bearbeitet wird, besteht die Gefahr, dass das Unternehmen seine Identität verliert.
Das kann besonders dann geschehen, wenn unausgesprochene Fragen nicht geklärt werden.
Fragen, die hierzu oft ungeklärt bleiben:
- Welche Werte möchten Sie an die nächste Generation weitergeben?
- Welche dürfen auch überdacht und aussortiert werden?
- In welche Richtung soll sich das Unternehmen entwickeln?
- Was bedeutet das Unternehmen für unsere Familie und wie wird diese Identität von uns bewahrt?
Wenn solche emotionalen und kulturellen Fragen nicht offen geklärt werden, kann das Unternehmen langfristig an Klarheit und Orientierung verlieren – es besteht die Gefahr, dass die Identität verwässert wird.
4. Verpasste Wachstumschancen
Eine gut geregelte Nachfolge kann auch eine Gelegenheit sein, persönlich und als Unternehmen zu wachsen. Doch wenn die emotionale Ebene nicht beachtet wird, verpassen Sie diese Chance.
Oft erlebe ich es, dass Nachfolger und Nachfolgerinnen sich in der Rolle, die ihnen zugedacht wurde, nicht wirklich wohlfühlen, aber das nie offen ansprechen, weil die Kommunikation einfach nicht da ist.
Für den abgebenden Unternehmer gilt das genauso: Es kann befreiend sein, sich über die eigene Rolle im Unternehmen nach der Übergabe klar zu werden – wenn man sich traut, diese Themen anzusprechen.
Wenn die emotionale Seite nicht bearbeitet wird:
- Abgebende und Nachfolgende verpassen die Gelegenheit, eine tiefergehende Beziehung zueinander zu entwickeln, die auf gegenseitigem Respekt und Vertrauen basiert.
- Verborgene Potenziale und Stärken des/der Nachfolger/in bleiben möglicherweise unerkannt, weil der Raum für Austausch und Entwicklung fehlt.
- Alte Muster und Verhaltensweisen innerhalb der Familie bleiben bestehen und behindern den Übergang.
Eine bewusste emotionale Auseinandersetzung kann den Übergangsprozess bereichern und alle Beteiligten stärker machen – auf persönlicher und unternehmerischer Ebene.
5. Wirtschaftliche Risiken durch emotionale Spannungen
Ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass emotionale Konflikte auch wirtschaftliche Folgen haben können. Wenn Entscheidungen verzögert oder gar blockiert werden, weil emotionale Themen im Hintergrund schwelen, kann dass das Unternehmen finanziell gefährden.
Mögliche wirtschaftliche Auswirkungen:
- Blockierte Wachstumschancen: Ein nicht klar geregelter Nachfolgeprozess kann wichtige Wachstumschancen des Unternehmens behindern, weil Unsicherheiten oder emotionale Spannungen bestehen.
- Verminderter Unternehmenswert: Wenn emotionale Konflikte öffentlich sichtbar werden, z. B. durch Gerüchte oder interne Spannungen, kann dies auch den Wert des Unternehmens mindern und Vertrauen bei Kunden, Lieferanten oder Investoren schmälern.
Dies zeigt, dass neben der steuerlichen und vertraglichen Regelung der Nachfolge auch die emotionale Verarbeitung einen sehr hohen Stellenwert einnimmt. Schließlich steht hinter jeder rationalen Entscheidung eine emotionale Ebene, die nicht vernachlässigt werden sollte.
Fazit:
Die emotionale Bearbeitung der Nachfolge ist der Schlüssel zum Erfolg!
Was kostet Sie die Nachfolge, wenn Sie die emotionale Ebene nicht regeln? Die Antwort ist klar: viel mehr, als Sie vielleicht denken. Die emotionalen Spannungen, die entstehen, wenn Erwartungen und Ängste unausgesprochen bleiben, können nicht nur familiäre Beziehungen, sondern auch das Unternehmen nachhaltig belasten.
Deshalb ist es so wichtig, die emotionale Seite der Nachfolge aktiv anzugehen. Eine gezielte, professionelle Begleitung kann Ihnen dabei helfen, diese sensiblen Themen zu erkennen und zu bearbeiten – damit die Nachfolge nicht nur erfolgreich, sondern auch harmonisch verläuft.
Sie haben Fragen?
Wenn Sie Fragen haben oder darüber nachdenken, wie Sie den emotionalen Aspekt Ihrer Nachfolge angehen können, sprechen Sie mich gerne an. Gemeinsam finden wir Lösungen, die sowohl für Ihre Familie als auch für Ihr Unternehmen tragfähig sind.
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